Früher wünschte ich mir, dass ich plötzlich sterbe. Heute möchte ich, dass ich Zeit bekomme, um mich in Ruhe verabschieden und Dinge regeln zu können. Denn ich vertraue darauf, dass meine Familie und ich Unterstützung bekommen, die unsere Gesellschaft regelt.
So, wenn auch nicht wörtlich, beschrieb Franz Müntefering seinen Blick auf das Sterben. Der ehemalige Vize-Kanzler, heute in verschiedenen Funktionen für die Senioren- und Sozialverbände unterwegs, war Gast bei der Einsegnung und Zertifizierung der Hospizhelferinnen und -helfer in Oer-Erkenschwick.
Ich erinnere mich gut, weil damit plausibel der Sinn eines ambulanten Hospizdienstes umrissen ist: Menschen sollen eine veränderte Sicht auf das eigene Sterben (und Leben!) bekommen. Die Sterbephase ist wertvolle Zeit, die ausgekostet und gestaltet werden kann. Und schließlich: Unsere Gesellschaft hat Strukturen zu schaffen, dass Menschen im Sterben nicht allein sind.
Jede einzelne Begleitung durch den Ambulanten Hospizdienst hat diese Dimensionen. Die Helferinnen und Helfer richten sich aus gutem Grund nicht nur an Kirchenmitglieder, sondern an alle, die sie ansprechen. Aber sie tun Ihren Dienst vom kirchlich-diakonischen Auftrag her. Ausgesprochen oder nicht steht die Annahme im Raum, dass es keinen Moment und kein Ort gibt, dass Gott sich nicht als zugewandter, das Leben liebender Gott zeigte.
„Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“ ist die erste (und wohl wichtigste) Frage des Heidelberger Katechismus aus der Reformationszeit. Trostvolle Antwort, die Leben und Sterben (und auch pflegerische und soziale Begleitung) zusammenbindet: „Dass ich mit Leib und Seele im Leben und Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.“
Dr. Dietmar Kehlbreier,
Diakoniepfarrer des Ev. Kirchenkreises Recklinghausen
und Geschäftsführer der Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen